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21 Februar 2020

Mehr Frauen gebraucht! Ein Ruf nach Gleichstellung bei Auslandsentsendungen

  • Female Talent
  • Globale Mobilität
  • Globalisierung
Author: Learnlight

Stellen Sie sich folgendes Szenario vor: In einer internationalen Niederlassung Ihres Unternehmens wird eine interessante neue Stelle frei. Es gibt zwei erstklassige Anwärter auf diese Stelle: Susan und Alan. Beide bringen ähnliche Qualifikationen und Erfahrungen mit und haben glänzende Referenzen von Arbeitskollegen und Vorgesetzten. Susan hat kürzlich geheiratet, daher wird der Job Alan angeboten – Susan wird gar nicht erst gefragt. Diese Problematik betrifft viele Frauen: Einige Kandidaten sind ‘gleicher‘ als andere.

Das beschriebene Szenario wird von PwC geschildert und ist ein Paradebeispiel dafür, wie subtil die institutionelle Diskriminierung ist, die Chancengleichheit verhindert.

Kein Wettbewerb auf Augenhöhe in der Global Mobility

Leitende Positionen werden Frauen oft vorenthalten, weil ihnen internationale Erfahrungen fehlen – gleichzeitig werden internationale Stellen viel häufiger Männern angeboten.

Reale Erfahrungen von Frauen bestätigen das:

Die Diskriminierung ist subtiler als Unterschiede bei Gehältern und Arbeitsbedingungen… Am häufigsten kommt es vor, dass uns karrierefördernde Möglichkeiten vorenthalten werden. Es sind die Kleinigkeiten, beispielsweise, wenn dein Name für die Arbeit mit einem Kunden nicht einmal erwähnt wird, weil er ‘Frauen nicht mag‘. Die größten Schwierigkeiten machen Männer, die glauben, dass Wissen Macht ist und dir deshalb vorsätzlich Informationen vorenthalten. Gleich darauf folgen diejenigen, die ‘gut gemeinte‘ Entscheidungen für dich treffen, wie zum Beispiel: „Wir haben Ihnen die Geschäftsreise nach Frankreich nicht angeboten, weil wir dachten, dass Sie Ihre Kinder nicht allein lassen möchten.“ (Emma, IT Managerin)

Die amerikanische Federal Glass Ceiling Commission benennt drei Arten von Hürden, die die Karriere von weiblichen Nachwuchskräften behindern:

  • Gesellschaftliche Hürden
  • Interne Strukturen
  • Regulatorische Hürden

Weshalb Global Mobility für die Talententwicklung so wichtig ist

In Europa und Nordamerika existieren zahlreiche Initiativen für Vielfalt und Chancengleichheit, aber speziell im Bereich von Auslandsentsendungen ist noch viel zu tun. Doch welche Mythen und Realitäten stehen hinter diesen Hürden?

Gesellschaftliche Hürden

Tatsache ist, dass Gleichstellung nicht so gut funktioniert, wie wir annehmen. Zahlreiche Studien haben gezeigt, dass die klassische Rollenverteilung mit der Frau am Herd und bei den Kindern unter Millennials wieder mehr Zustimmung findet als bei der vorherigen Generation.

Die Diskriminierung ist subtiler als Unterschiede bei Gehältern und Arbeitsbedingungen… Am häufigsten kommt es vor, dass uns karrierefördernde Möglichkeiten vorenthalten werden. Es sind die Kleinigkeiten, beispielsweise, wenn dein Name für die Arbeit mit einem Kunden nicht einmal erwähnt wird, weil er ‘Frauen nicht mag‘.

Diese unterschwelligen Ansichten kommen deutlich zum Tragen, wenn es darum geht, Anwärter für wichtige Auslandsentsendungen auszuwählen. Wie im oben beschriebenen Beispiel basieren Entscheidungen von Führungskräften oftmals auf unbewussten Vorurteilen gegenüber der „Hausfrau“. Wenn der Arbeitgeber der Überzeugung ist, dass eine Frau ihre Zeit eher damit verbringt, sich um Haushalt und Kinder zu kümmern, dann erscheint es unmenschlich, diese Frau ins Ausland zu schicken. Und fürs Unternehmen scheint die Entsendung eines Mannes rentabler.

Die Neurowissenschaft zeigt, dass wir Personen im Bruchteil einer Sekunde einschätzen. Zu schnell, um bewusst zu reflektieren, welche Faktoren uns zu dieser Einschätzung bringen. Daher ist zunächst ein Wandel in unserer Organisationskultur vonnöten. Wir müssen eine Atmosphäre schaffen, in der Frauen für ihre beruflichen Qualifikationen wertgeschätzt werden, anstatt sie unterbewussten Vorurteilen zu unterwerfen. Solch ein Wandel wird seine Wirkung nicht verfehlen.

Interne strukturelle Hindernisse für die Chancengleichheit

Viele Entscheidungsträger gehen davon aus, dass Frauen ein Angebot für eine Auslandsentsendung eher ablehnen als ihre männlichen Kollegen. Das ist ein Mythos. Tatsächlich nehmen Frauen Angebote für Auslandsentsendungen häufiger an als Männer. Sie sind sich der unsichtbaren Barrieren bewusst und wissen, wie wichtig internationale Erfahrungen für ihre berufliche Weiterentwicklung sind. Es gibt Belege dafür, dass Frauen seltener über die Bedingungen verhandeln als Männer, da sie sich ohnehin benachteiligt fühlen und sich daher in beruflicher Hinsicht als besonders interessant darstellen wollen.

Bei immer mehr Entsendungen steht die berufliche Entwicklung im Vordergrund, deshalb finden sie zunehmend früher in der Berufslaufbahn statt. Die Millennials sind sozial mobiler und weniger an einen Ort gebunden als jede Generation vor ihnen. Die traditionellen Familienstrukturen haben sich im 21. Jahrhundert verändert und es ist daher nicht nur rechtswidrig und hinfällig, die potenzielle familiäre Situation eines Bewerbers in Betracht zu ziehen, es ist absolut veraltet.

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Warum Unternehmen in Frauen investieren sollten

Es wird auch häufig angenommen, dass Frauen aus kulturellen Gründen nicht in der Lage sind, in bestimmten Ländern (z. B. in Saudi-Arabien oder Nigeria) zu arbeiten. Natürlich ist es für eine Frau aufgrund der religiösen Vorschriften weit weniger angenehm, in Saudi-Arabien zu arbeiten. Jedoch ist die Annahme, dass ein Unternehmen diese Entscheidung grundsätzlich für seine weiblichen Mitarbeiter treffen kann, mehr als fragwürdig.

Die Sorgfaltspflicht verlangt, dass ein Unternehmen sowohl seine weiblichen als auch männlichen Mitarbeiter über Risiken aufklärt und die Entscheidung dann einem gut informierten erwachsenen Menschen überlässt. Tatsächlich werden Frauen in Geschäftskreisen als ebenso ehrbare Gäste angesehen wie Männer, sodass Geschäfte ganz normal abgeschlossen werden können.

Regulatorische Hürden

Der Frauenanteil bei internationalen Entsendungen liegt bei gerade einmal 20 bis 25 %, der genaue Anteil ist schwer zu bestimmen. Dieser Umstand ist symptomatisch für die ungleichen Ausgangsbedingungen für Frauen, wenn es um internationale Stellen geht. Viele europäische Länder verlangen von Großunternehmen Berichte über das Geschlechterverhältnis in Führungspositionen, aber diese Rechenschaftspflicht gilt nicht für Führungskräfte im Ausland.

Laut dem PvC-Bericht über die Geschlechterverteilung erheben 62 % der britischen Unternehmen im Bereich Global Mobility keine Daten. Derselbe Bericht zeigt auch, dass 71 % der Frauen in internationalen Unternehmen gerne im Ausland arbeiten würden und 41 % ein Angebot für eine Entsendung unabhängig von den Bedingungen annehmen würden.

Dass 71 % der Frauen in internationalen Unternehmen gerne im Ausland arbeiten würden und 41 % ein Angebot für eine Entsendung unabhängig von den Bedingungen annehmen würden.

Wenn Unternehmen dem Thema Diversität keine Beachtung schenken, bleibt diese subtile geschlechtsspezifische Diskriminierung unentdeckt. Die Mitarbeiter in der Global Mobility wissen, dass viele Entsendungsentscheidungen von Managern oder Amtsvorgängern getroffen werden. Richtlinien spielen dabei nur eine untergeordnete Rolle und Personalentwickler werden ebenfalls nicht konsultiert.

Das Problem angehen

Wie können wir also das Thema Gleichberechtigung angehen und den Frauenanteil bei Auslandsentsendungen erhöhen?

Daten

Zuerst muss es formale Prozesse für die Nachverfolgung und Protokollierung von Diversitätsfragen geben. Unternehmen und Regierungen müssen ihre Zahlen viel transparenter offenlegen. Wir leben im Informationszeitalter und wissen, dass Daten Macht bedeuten. Je mehr Daten über weibliche Entsandte zur Verfügung stehen, desto schwerer wird es, Missverhältnisse zu ignorieren. Tatsächlich sollten wir es aber nicht nur bei der Chancengleichheit für Frauen belassen, auch nicht-weiße Mitarbeiter sind unterrepräsentiert.

Transparenz

Zweitens müssen Personalabteilungen und Nachwuchsleiter Schlupflöcher bei der Entscheidungsfindung schließen. Unabhängig von der Leitungsverantwortung oder Dringlichkeit, mit der eine freie Stelle im Ausland besetzt werden muss, müssen Unternehmen darauf beharren, dass ihre Einstellungsrichtlinien befolgt werden. Nur so kann die Weiterreichung der besten Stellen im Ausland an Nachfolger mit ähnlichen Eigenschaften wie ihre Vorgänger unterbunden werden.

Wir müssen Frauen ermutigen, als Vorbilder zu fungieren und klar zu zeigen, dass Auslandsentsendungen für alle da sind – nicht nur für Männer. Mit Unterstützung der Führungsetage muss klargestellt werden, dass Bewerbungen von Frauen auf internationale Stellen nicht nur begrüßt werden, sondern dass Auslandsentsendungen Bestandteil ihres beruflichen Werdegangs sind. Frauen im Ausland müssen zur Normalität werden und nicht länger eine Ausnahme darstellen.

Fortbildung

Drittens müssen wir uns darin üben, unbewusste Vorurteile abzubauen. Sowohl Frauen als auch Männer neigen dazu, die männliche Kompetenz zu über- und die weibliche Bereitschaft für Auslandsentsendungen zu unterschätzen. In beiden Fällen basieren Entscheidungen auf Annahmen, Vermutungen, Gerüchten und Spekulation.

Unbewusste Vorurteile müssen in Schulungen behandelt werden, eben weil sie unsichtbar sind. Wir treffen jeden Tag unzählige Entscheidungen ohne aktive kognitive Verarbeitung und bei manchen dieser Entscheidungen müssen wir dafür sensibilisiert werden, wie und warum wir sie treffen.

Globaler Nachwuchsmangel

Die oben beschriebene Fallstudie, mit der PwC die geschlechtsspezifischen Vorurteile in der Global Mobility veranschaulicht, ging übrigens folgendermaßen aus: Alan nahm das Entsendungsangebot an und ging mit seiner Ehefrau ins Ausland. Alans Frau war dort sehr unglücklich und die beiden kehrten schon vor dem offiziellen Ende des Einsatzes wieder heim. Susan war von den fehlenden Entwicklungsmöglichkeiten enttäuscht und verließ das Unternehmen. Sie wechselte zur Konkurrenz und nahm dort eine internationale Stelle an.

Wir wissen aus zahlreichen Quellen, dass es einen globalen Nachwuchsmangel gibt, insbesondere für Auslandsentsendungen. Wenn wir 50 % der Arbeitnehmerschaft ignorieren und benachteiligen, werden wir den Nachwuchsmangel nicht in absehbarer Zeit überwinden. Kein Unternehmen kann es sich leisten, das Potenzial von Frauen zu ignorieren!

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